Letzte Woche hat es uns richtig erwischt. Die ganze Familie inklusive tschechischem Gastschüler hat sich mit einer fiesen Grippe angesteckt. Vielleicht probier‘ ich mal einen Tele-Doktor aus, dann muss ich mich wenigstens nicht in ein Wartezimmer schleppen, denk ich mir. Am Gesundheitscampus in Bad Kötzting schreiben wir Förderanträge zur Digitalisierung im Gesundheitswesen und persönlich kennt man sich kaum aus. Das will ich ändern.
Aller Anfang ist leicht
Ich lade also die App TeleClinic auf mein Handy, logge mich mit meinen persönlichen Daten und meiner Krankenkasse ein. Die App ist übersichtlich, im Menü kann ich das Thema der Sprechstunde angeben. Ich wähle Krankmeldung aus und kann gleich meine Symptome per Klick auswählen – ganz easy. Ich versuche also, die nächstmögliche Sprechstunde zu buchen, ab dem nächsten Tag kann ich einen Termin mit einem Zeitfenster von zwei Stunden auswählen. Ich nehme 10 bis 12 Uhr und die App teilt mir mit, dass sie auf der Suche nach einem TeleArzt für mich sind. Ok, soweit - so gut.
Bitte warten Sie
Dann passiert stundenlang nichts und ich zweifle daran, ob es überhaupt funktionieren wird. Gibt es momentan überhaupt freie Telesprechstunden? Wie zuverlässig ist so eine App? Jetzt muss ich doch raus zum Hausarzt, geht mir durch den Kopf. Am nächsten Tag kurz vor 10 Uhr kommt die Meldung per Push-Nachricht. Wir haben einen Arzt für Sie gefunden. „Juchu – endlich!“. Kurz vor 10 Uhr bin ich am Esstisch mit meinem Handy vorbereitet. Neben mir ein Notizblock mit einigen Fragen, die ich dem Doktor stellen will. Meine Telesprechstunde ist von 11:12 bis 11:38 Uhr, ich muss die Zeit also gut nutzen.
Verbindung schlecht, Laune auch
Es ist 11:10 Uhr, ich bin noch allein im virtuellen Wartezimmer, lasse also schnell noch unsere Katze raus. Prompt verbindet sich der Arzt mit mir per Videokonferenz. Ich sehe und höre ihn, prima! Mit „Hallo Frau Martin, bitte setzen Sie sich“, begrüßt er mich etwas streng und mit starkem osteuropäischem Akzent. Gehorsam gehe ich auf meinen Platz im Esszimmer zurück, setzte mich hin und möchte starten. „Ich sehe Sie nicht, die Verbindung ist nicht stabil“ schimpft mich der TeleArzt. Panisch laufe ich nun doch wieder in der Wohnung herum, auf der Suche nach stabilem WLAN. Der TeleDok ist nicht gerade bester Laune und meine Verbindung wird leider auch nicht besser. „Hallo, hören Sie mich jetzt?“ Nach fünf langen Minuten Fehlversuchen mit WLAN und mobilen Daten ist das Videobild und am Ende auch der Ton weg. Ich lege auf. Na super, das war‘s jetzt? Ich starre die geöffnete App an und warte was passiert. Da erhalte ich einen Anruf vom TeleDok und wir besprechen die Symptome einfach am Telefon. Ich stelle noch meine drei Fragen, die ich auf dem Block im Esszimmer liegen hab lassen.
Ende gut, alles gut
Am Ende ist der TeleDok noch recht freundlich zu mir, der Rest funktioniert technisch einwandfrei. Ich erhalte – wieder in der App – die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die volle Rechtsgültigkeit besitzt (§ 5 EFZG) und reiche sie per Mail bei der THD ein. In der Rubrik »Ärztliche Empfehlung« finde ich Tipps für verschreibungsfreie Medikamente – die ich mir gleich in der Apotheke besorge. Falls es schlimmer wird, soll ich live zu einem Arzt in die Sprechstunde gehen. Tat doch gar nicht weh…
Kathrin Martin
Kathrin Martin ist seit August 2020 als operative Leitung am Gesundheitscampus der THD in Bad Kötzting beschäftigt. Vorher war sie bei der Europaregion Donau-Moldau in Freyung für die Hochschulkooperationen zwischen Bayern, Tschechien und Österreich zuständig. Sie hat Diplom-Kulturwirt mit Schwerpunkt Geografie an der Universität Passau mit den Fremdsprachen Tschechisch und Italienisch studiert.