6.20 Uhr morgens und das Telefon klingelt. Wer auch immer da anruft hat anscheinend Todessehnsucht! Ich quäle mich aus dem Bett und krächze in den Hörer. Mein Bruder, der wissen will ob mein Testergebnis schon da ist. „Nein“ sage ich und lege auf ohne überhaupt zu fragen warum er das ausgerechnet jetzt wissen muss. Schnell wieder zurück ins Bett und noch die letzten eineinhalb Stunden Schlaf mitnehmen bevor der Wecker klingelt.
Als ich dann etwa zwei Stunden später zum täglichen Teams-Meeting erscheine, bin ich zwar etwas müde, aber die gute Laune von gestern hält noch an. Als ich an der Reihe bin gebe ich meinen Kolleg:innen ein kurzes Update, dass ich immer noch kein Testergebnis habe und bisher noch nicht durchgedreht bin, bevor ich dann dazu übergehe meine für heute geplanten Aufgaben kurz vorzustellen.
Die Quarantäne wirkt sich anscheinend sehr positiv auf meine Laune aus, denn trotz einem recht stressigen Vormittag und einem unvorhergesehenen Arbeitsauftrag, der mich einiges an Zeit kostet, bin ich immer noch super entspannt und gut gestimmt. Beim gelegentlichen Blick aus dem Fenster denke ich, wie schön doch der Blick direkt ins Grüne ist. Vor allem wenn das herbstliche Sonnenlicht die bunten Blätter der Bäume hervorhebt. Gegen Mittag dann ruft mich eine Bekannte an, die gehört hat, dass ich in Quarantäne bin. Sie hat es auch ziemlich zeitgleich als Kontaktperson I erwischt und wir teilen uns sozusagen das gleiche Schicksal. Da das Wetter gerade so schön ist und das Gespräch sicher länger dauern wird, stemple ich aus und mache mir nebenbei mein Mittagessen warm.
Nach unserem Gespräch beschließe ich mir noch ein bisschen die warme Sonne ins Gesicht scheinen zu lassen. In den Garten darf ich ja noch, nur das Grundstück darf ich nicht verlassen. Also mache ich alle Fenster und die Haustüre auf, um die Wohnung wieder mal richtig gut zu lüften, stelle mir den Gartenstuhl auf die Terrasse vor der Haustüre und gehe kurz zurück in die Küche, um mir meinen Kindle und einen Espresso zu holen. Als ich dann mit meinen Sachen zurück auf die Terrasse gehen will sehe ich sie schon im Eingang stehen: Fanny. Sie kommt mich öfter unangemeldet besuchen und heute freue ich mich umso mehr über die kleine verspielte Nachbarskatze.
Ich mache es mir auf dem Gartenstuhl in der Sonne bequem, den Espresso in der Hand und die Katze neben mir. So macht Quarantäne Spaß! Ich atme tief durch und genieße ein Stündchen an der frischen Luft, spiele mit Fanny und ziehe mir ein paar Kratzer zu, über die ich aber nur lachen kann vor Freude über den unangekündigten Besuch. Irgendwann wird es Fanny dann mit mir zu langweilig und sie verschwindet wieder in Richtung Nachbargrundstück.
Die Arbeit ruft und so nehme ich mein Buch und die leere Tasse mit rein und mache es mir wieder vor meinem Laptop bequem. Heute bin ich nicht ganz so produktiv wie ich mir das gewünscht habe, aber wahrscheinlich habe ich mir für einen Freitag auch einfach zu viel vorgenommen. Um mich selbst zu motivieren mache ich Musik an und schon geht es besser voran. Trotzdem schweift mein Blick ab und zu hinaus zum Fenster und der Ausblick zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. So schön ist die Sicht im Büro nicht. Dort entgeht mir zwar nichts, denn ich habe den Parkplatz im Blick und weiß immer sofort wer gerade am Campus ist, aber die majestätischen Eichen vor meiner Wohnung schlägt das nicht.
Nach getaner Arbeit beschließe ich mich etwas sportlich zu betätigen, schmeiße mich ins Sport-Outfit und meine Fitnessstudioturnschuhe, lege die CD ein und los geht es. Dank meinem Fitnesscoach und der Wii, die ich zugegebenermaßen meinem Bruder geklaut habe, kann ich mich direkt im Wohnzimmer auspowern. Eine Stunde und ein hartes Workout später liege ich, alle Viere von mir gestreckt, auf dem Wohnzimmerboden. Auch wenn es anstrengend war, die Arbeitswoche habe ich damit vollkommen abgeschüttelt.
Beim Griff zum Handy stelle ich fest, dass einige Whatsapp-Nachrichten angekommen sind mit Fragen zum Testergebnis oder was ich denn dieses Wochenende tolles geplant habe, alleine zuhause in meiner Bude. Ob ich gar eine Hausparty schmeiße. Dafür hab ich meine Freunde, dass sie mich auch in so einer Lage noch aufziehen und wir zusammen unseren Spaß haben. Der Test ist immer noch nicht da und langweilig wird mir zuhause nicht antworte ich. Ich habe große Pläne: couchieren (oder wer es herkömmlich mag: auf der Couch sitzen) und es mir mit Büchern und Filmen gut gehen lassen.
Meine Pläne warten schon darauf in die Tat umgesetzt zu werden, aber erst mal ab unter die Dusche und was essen. Kurze Zeit später sitze ich dann frisch geduscht und mit vollem Bauch vor meinem Fernseher. Am besten mache ich da weiter wo ich gestern aufgehört habe: Interior Design. Da ich mit meinem „Traumhaus Makeover“ schon durch bin, widme ich mich daher den restlichen Abend lang der BBC-Serie „Interior Design Masters“. Ganz anderes Niveau als die amerikanische Serie vom Abend zuvor, aber nicht weniger spannend. Als sich dann irgendwann das Finale ankündigt und ich vor Müdigkeit fast einschlafe, beschließe ich, es für heute gut sein zu lassen und ins Bett zu gehen. Es ist total verrückt wie sehr ich mich aufs Ausschlafen und einen schön langen Tag mit Nichtstun morgen freue. Vielleicht war ich doch gestresster als mir bewusst war. Mit diesem Gedanken im Kopf drehe ich mich im Bett um und schlafe sofort ein.
Miriam
Miriam Bleck lässt ihrer Liebe zum Schreiben in der Pressestelle der THD freien Lauf. Meistens ist sie am European Campus in Pfarrkirchen oder bei ihrem Lieblingsitaliener anzutreffen. Wenn sie nicht gerade mit Kochen oder Essen beschäftigt ist, schreibt sie über aktuelle Themen, Persönliches und alles was ihr sonst so durch den Kopf geht.