Der zweite Tag der Quarantäne startet gut. Ich habe hervorragend und bis zur letzten Sekunde geschlafen und erscheine pünktlich und gut gelaunt zum morgendlichen Teams-Meeting mit meiner Abteilung. Für so Morgenmuffel wie mich hat die Quarantäne doch auch ihre Vorteile. Nach einem kurzen gegenseitigen Update fragen meine Kollegen mich wie es mir geht und ob ich schon Symptome habe. Mir geht es hervorragend sage ich und grinse zur Bestätigung in die Webcam. Ich informiere sie noch, dass ich den Corona-Test heute um 11.40 Uhr habe und dann mal kurz nicht am Arbeitsplatz bzw. zuhause sein werde.
Mit einer Tasse starkem italienischem Espresso und Musik, die laut durch die ganze Wohnung hallt, mache ich mich anschließend an die Arbeit. Während ich so da sitze, mit Espresso vor mir und laut singend, vergeht die Zeit super schnell. Ehe ich es mich versehe ist es Zeit für das wöchentliche Meeting mit den Kolleg:innen aus dem Referat Kommunikation und Marketing. Da sich die Nachricht meiner Quarantäne schon in unserer Abteilung herumgesprochen hat, fragen mich alle, wie es mir geht und ob mir schon die Decke auf den Kopf fällt. Ich bin immer noch gut gelaunt und mache Witze. Bisher noch keine Anzeichen von Corona und meine Quarantäne genieße ich auch, antworte ich. Aber wer weiß, vielleicht kommt ja das Loch noch, spätestens dann wenn der Wasserhahn anfängt mit mir zu reden, sage ich. Verwunderte Blicke von meinen Teamkollegen. Verdenken kann ich es ihnen nicht. Wer sitzt schon zuhause, eventuell mit einem tödlichen Virus im Körper und reißt darüber noch Witze. Vielleicht bin ich doch schon schneller verrückt geworden als ich dachte, schießt es mir durch den Kopf, als wir den offiziellen Teil des Meetings starten. Kurz vor Ende muss ich mich dann verabschieden, um es noch pünktlich zum Coronatest zu schaffen.
Nachdem ich die Jogginghose gegen eine Jeans getauscht habe fahre ich durch die Stadt zur Teststation. Während sich der Verkehr träge durch das Zentrum schiebt, denke ich an meinen letzten, damals freiwilligen Coronatest vor zwei Wochen zurück, und dass der Arzt damals eigentlich ganz lustig war. Als er mich bat den Mund weit zu öffnen und laut „Ah“ zu sagen, musste er mich zweimal ermahnen den Mund noch weiter aufzumachen, damit er mit dem Stäbchen bis ganz nach hinten in den Rachen kommt. Als er mir dann endlich mit einer Präzision die seinesgleichen sucht den Stab ganz nach hinten rammte, kam mir das Würgen. Ich machte lautstarke Geräusche und hatte für einen Moment Angst mein Mittagessen gleich auf seinem weißen Anzug wiederzusehen. Der Arzt hingegen grinste nur und meinte „So, jetzt sind wir da wo wir hin wollten.“ Bei dem Gedanken daran lache ich im Auto vor mich hin und ich frage mich, wie die Stimmung wohl dieses Mal sein wird.
Der Herr am Empfang fragt mich nach meinem Namen und stellt beim Blick in seine Liste fest, dass ich schon mal da war. „Dann wissen Sie ja eh wies läuft, das brauch ich Ihnen dann ja nicht mehr erklären“ sagt er und winkt mich durch. Ich reihe mich ein in die Schlange von Autos, die bereits zum Testen anstehen. Wie im McDrive komme ich mich vor. Hier wird auch einer nach dem anderen durchgewunken, nur dass es statt einem McMenü ein Stäbchen in den Mund und danach in die Nase gibt.
Heute ist eine Ärztin da, die mich gleich duzt. Kann sein, dass wir uns kennen, aber sie ist so gut eingepackt, dass ich außer der Augenpartie nichts sehe unter dem Anzug. Sie reicht mir einen Zettel und als ich sage, dass ich den eh schon kenne und beim letzten Test auch von dem lustigen Doktor bekam, lacht sie nur und meint: „Lustig sind wir hier alle“. Als sie mir das Wattestäbchen in den Hals steckt bin ich vorbereitet und versuche meinen Würgereflex unter Kontrolle zu halten. Dann geht es an die Nase. Sie weist mich an, den Kopf in den Nacken zu legen und mich zu entspannen. „Denk an was Schönes, an Urlaub oder so….naja oder an Weihnachten, wenn das besser hilft“ sagt sie während sie sich über meine Nase hermacht. Urlaub mitten in der zweiten Coronawelle. Humor haben die hier wirklich!
Zuhause packt mich der Flow und als ich mich wieder an meinen Laptop setze, sprudeln die Worte nur so heraus, dass ich mit dem Tippen fast nicht hinterherkomme. Wer hätte gedacht, dass die Quarantäne die Kreativ so fördert und sich so positiv auf meine Arbeit auswirken würde? Ehe ich es mich versehe ist auch schon Feierabend und ich habe mehr geschafft als ich dachte.
Meine gute Laune und meine Kreativität halten immer noch an und so mache ich mich in der Küche über den Kürbis her, den ich schon längst verarbeiten wollte. Ich habe einen Geistesblitz und kreiere ein neues Rezept für Ravioli mit Kürbisfüllung. Gerade als ich mit dem Pastateig fertig bin, klingelt das Telefon. Ich habe ganz vergessen, dass ich ja noch ein Telefonat mit dem Städtepartnerschaftsverein ausgemacht hatte. Der Verein hatte mich als Mitglied gebeten die Öffentlichkeitsarbeit und die Homepage zu übernehmen. Perfektes Timing, denn so kann der Teig noch in Ruhe gehen bis ich ihn weiterverarbeiten kann.
Wir sprechen kurz über die Homepage und was ich dafür geplant habe, als wir zur aktuellen Situation kommen und ich erwähne, dass ich aktuell in Quarantäne bin. Dass ich die komische Seite der Situation sehe gefällt unserem Kassier sehr und wir machen noch ein paar Faxen am Telefon. „Humor ist die beste Medizin“ sagt er und rät mir, ein Gläschen Wein aufzumachen und es mir gutgehen zu lassen. An Humor hat es mir heute wahrlich nicht gefehlt.
Nach dem Gespräch mache ich mit meinem Pastaprojekt weiter. Die Füllung aus Kürbis, Balsamico und Mandeln wird besser als ich erwartet habe. Glücklich über das neue Rezept und das unvergleichliche Geschmackserlebnis, mache ich mich über die Ravioli her.
Gute Laune ist anscheinend anstrengend. Nach dem Abendessen bin ich nämlich total KO und ich beschließe mich nur noch zur Couch zu begeben und meinen Hintern so schnell nicht mehr davon wegzubewegen. Immerhin habe ich heute endlich mal genügend Zeit mich ausführlich der Serie „Traumhaus Makeover“ zu widmen. Ein paar Stunden später bin ich mit der kompletten Staffel durch und gehe mit dem Kopf voller kreativer Einrichtungsideen ins Bett.
Miriam
Miriam Bleck lässt ihrer Liebe zum Schreiben in der Pressestelle der THD freien Lauf. Meistens ist sie am European Campus in Pfarrkirchen oder bei ihrem Lieblingsitaliener anzutreffen. Wenn sie nicht gerade mit Kochen oder Essen beschäftigt ist, schreibt sie über aktuelle Themen, Persönliches und alles was ihr sonst so durch den Kopf geht.