Persil, Gucci und Lionel Messi – Sie alle haben ihn schon begangen, den „Tritt ins kulturelle Fettnäpfchen“. In einer Zeit, die geprägt ist von Globalisierung, Migration, Reisen und internationaler beruflicher Zusammenarbeit kommt gerade ein Fauxpas dieser Art schon mal vor. Man muss nicht unbedingt Lionel Messi heißen, um aus Versehen einen kulturellen Fehltritt zu begehen. Dieser hatte nämlich im Rahmen einer ägyptischen Fernsehshow 2016 ein Paar seiner Fußballschuhe für den guten Zweck gespendet. Dumm nur, dass in Ägypten -wie in vielen anderen arabischen Ländern – Schuhe negativ assoziiert werden. Sie können sogar als Zeichen der Verachtung aufgefasst werden. Alleine die Geste, jemandem die Schuhsohlen zu zeigen, drückt in der arabischen Welt Abneigung aus. Verstanden wurde Messis Handlung folglich nicht als nett gemeinte Geste, sondern eher als Affront.
Vielleicht ist auch dir in diesem Zusammenhang schon mal eine unangenehme Situation in kleinerem Ausmaß widerfahren und du hast dich gefragt, wie du solche Malheure in Zukunft vermeiden kannst. Dann hilft dir dieser Blogbeitrag mit ein paar konkreten Tipps, um dich einer fremden Kultur künftig geschickt zu nähern. Wichtiger Baustein dafür: Kulturelle Intelligenz.
Jede Kultur ist anders und das ist auch gut so. Die kulturellen Unterschiede, manchmal offensichtlicher, manchmal weniger, zeigen sich in vielen verschiedenen Bereichen. Oft sind das etwa die Ausdrucksform und Kommunikation, die Definition des Zeitbegriffs oder auch die Körpersprache und das soziale Verhalten.
Die folgende Tabelle veranschaulicht dies an drei Beispielen.
Nicht nur im Urlaub, sondern besonders in der Arbeitswelt ist Kulturelle Intelligenz ein elementarer Bestandteil. Wer von der Firma ins Ausland geschickt wird, um dort einen Auftrag zu erfüllen und gute Beziehungen aufzubauen, bekommt häufig erst einen Kulturschock. Das kann sich natürlich auch auf die Arbeit auswirken. Wichtig ist deshalb, sich mit der unbekannten Kultur im Vorhinein zu beschäftigen, sich Wissen anzueignen und einen eigenen Zugang zu der Kultur (vielleicht sogar auch: eine eigene Faszination für die Kultur) zu entwickeln. Somit gelingt es, auch in der Interaktion mit Menschen aus fremden Kulturen geschäftsfähig zu sein und bleiben.
Aber was genau ist Kulturelle Intelligenz (CQ) eigentlich? Sie ist die bewusste Fähigkeit, sich angemessen in anderen Kulturen zu bewegen und effektiv zu handeln. Sie besteht aus vier verschiedenen Komponenten: CQ drive, CQ knowledge, CQ strategy und CQ action. Alle vier spielen zusammen und tragen zur bewussten Fähigkeit, sich angemessen in anderen Kulturen zu bewegen, bei. Die folgende Grafik verdeutlicht, wie die vier Komponenten zueinander stehen und welche Fragen bzw. Eigenschaften jede Komponente beinhaltet.
Alle vier Faktoren sind ausschlaggebend dafür, ob jemand kulturell intelligent ist oder nicht. Sie spielen zusammen und laufen meistens auch in der zuvor beschriebenen Reihenfolge (CQ drive, CQ knowledge, CQ strategy und CQ action) ab. Manchmal wird die Motivation, sich mit einer fremden Kultur zu befassen, auch durch eine bestimmte Situation ausgelöst.
Wir begegnen immer wieder Menschen einer anderen kulturellen Prägung – und für diese Begegnungen ist Kulturelle Intelligenz zentral. Sie ist also für alle wichtig. Kulturell intelligente Menschen sind in der Lage, zu Personen aus unterschiedlichen Kulturen Vertrauen aufzubauen. Dabei sind sie weder unsicher, verkrampft oder hypersensibilisiert, sondern engagiert und interessiert.
Manche Länder erfordern mehr Kulturelle Intelligenz als andere. Als Faustregel gilt: Je mehr sich die Tagesabläufe des Heimatlandes von denen des anderen Landes unterscheiden, desto mehr Kultureller Intelligenz bedarf es. Dabei spielt nicht die räumliche Distanz, sondern die kulturellen Unterschiede, eine große Rolle. Aber auch im Umgang mit Menschen aus ähnlichen Kulturen gilt es, einen gewissen Grad an Kultureller Intelligenz und Aufmerksamkeit an den Tag zu legen. Fakt ist dennoch, dass für einen konstruktiven Umgang mit Kulturen, die sich stärker von der eigenen unterscheiden, mehr Training und mehr Vorbereitung hilfreich sind.
Kulturelle Kompetenz - als Teil der Kulturellen Intelligenz – beschreibt, in interkulturellen Situationen nicht aufzufallen. Sie ist sozusagen das „Hosentaschenwissen“, um im intersozialen Kontext die vorhandenen eigenen Ressourcen zu nutzen (LIDL = Leben in der Lage) und sich anzupassen. Sie ist jedoch nur ein Teil der Kulturellen Intelligenz. Diese umfasst nämlich so viel mehr!
Dazu gehört, weltoffen und gleichzeitig neugierig auf kulturelle Besonderheiten zu sein, sowie ein Verständnis für die Lebensart von Individuen und Gruppen anderer Kulturkreise mitzubringen. Kulturell intelligentes Verhalten ist geprägt von Elastizität und Ambiguitätstoleranz, also der Fähigkeit, schwer verständliche oder auf den ersten Blick inakzeptable kulturelle Unterschiede anzunehmen. Das heißt, auf etwas, das in der eigenen Kultur negativ bewertet wird, nicht unpassend oder vorbehaltslos negativ zu reagieren.
Aber wie verhält man sich konkret in Situationen, die Kulturelle Intelligenz erfordern? Mit diesen zehn Tipps gelingt dir der sichere Umgang im globalen Umfeld spielend leicht.
Clemens Graf von Hoyos: Als Trainer für zeitgemäße Umgangsformen und Business-Etikette vermittelt Clemens Graf von Hoyos klassische Werte und moderne Umgangsformen im Hier und Heute. Er zählt unter anderem nationale und internationale Unternehmen unterschiedlichster Branchen sowie Ministerien, Agenturen, Stiftungen, Universitäten und Hochschulen, sowie auch Personen von öffentlichem Interesse zu seinen Kunden. Clemens Hoyos ist als Referent und Seminarleiter tätig und leitet seit 2014 als Vorstandsvorsitzender die Deutsche- Knigge-Gesellschaft sowie seit Anfang 2020 als Geschäftsführender Gesellschafter die KniggeAkademie.
Philipp Starz: Warum agieren Menschen in gleichen Kontexten aufgrund ihrer kulturellen Prägung oft anders und warum entstehen dadurch Konflikte? Diese beiden Fragen beschäftigen Philipp Starz seit seinem Studium der Politikwissenschaft und Internationalen Beziehungen in Regensburg, Dresden und Istanbul. Gerade in einer interdependenten Welt mit ihren wechselseitigen Austauschbeziehungen ist es notwendig die kulturelle Prägung des Gegenüber zu verstehen und in seine eigene Entscheidungsfindung und Handlung zu integrieren. Als Berater von Entscheidungsträgern in Krisengebieten wie Kosovo oder Irak hat er dabei profunde praktische Erfahrungen im Bereich Kulturelle Intelligenz gesammelt.
Laura Piana: Als M. Sc. Psychologin ist Laura Piana vertraut mit der großen Rolle, die die Werte Wertschätzung und Achtsamkeit im Kontakt mit Mitmenschen spielen. Ein respektvoller Umgang miteinander und Rücksichtnahme auf Individualität liegen ihr sehr am Herzen. Als Mitarbeiterin der KniggeAkademie ist es ihr ein Anliegen, diese Werte auch an andere weiterzugeben.