Im OP: »Medizinstudent hat die besondere Gelegenheit bei einer großen Bauchoperation dabei zu sein. Ein Eingriff, zu dem sehr kranke Patienten aus der ganzen Welt kommen. Seine erste Frage an den Chefarzt: „Wie lange dauert das, ich hab nachher noch was vor?!“ Als er dann zum Zusehen vor dem Monitor sitzt, fragt ihn der Chefarzt: „Soll ich Ihnen noch Cola und Popcorn bringen?“ Der Student lächelt freundlich und lehnt dankend ab. Als ob die Frage nicht ironisch, sondern ernst gemeint wäre.«
Momentaufnahmen
😂 Ich brech ab, weil echt so passiert! OK, früher hieß der Spruch an den Nachwuchs im OP „Haken halten, Fresse halten“. Und Chefarzt quasi Heiligtum. Auch nicht schön oder wie Ihr sagt „nice“. Aber Leute, wie weit geht das mit dem laissez faire der Gen Z? Heute lese ich beispielsweise in Twitter: Mein Schnupperpraktikant im Rettungsdienst kam heute Morgen zwei Stunden zu spät. Begründung: "Ja, ne ich dachte mir 6 Uhr kann nicht passen, so früh kann man ja noch gar nicht richtig arbeiten. 8 Uhr kam mir realistischer vor." Also keine Verspätung, weil verschlafen oder so. Nein, der Kerl hat nachgedacht und ein Arbeitsbeginn um 6 Uhr war in seiner Welt eben nicht vorstellbar. Wie geil ist das denn bitte?
Gen Z, die Widersprüchliche
Gut, ihr habt bei euren Eltern gesehen, das ewige Hamsterrad macht nur krank. Schon der Begriff Work-Life-Balance macht euch stutzig, weil ihr ganz klar trennen wollt. Zwischen Work und Life. Wobei ersteres für euch keinesfalls zweiteres sein soll. Auch gut. Loyalität zum Arbeitgeber? Eher nicht. Denn eure Beobachtung ist vollkommen korrekt, dass beispielsweise Konzerne und viele bekannte Global Player das umgekehrt auch nicht sind. Eine Metastudie von 2021 sagt, dass ihr super selbstbewusst seid und die beiden genannten Beispiele zeigen das ja. Wenn auch auf etwas skurrile Weise. Ihr wollt einzigartige Arbeitserfahrungen, die sinnvoll sind, spannend und herausfordernd. Schön. Aber die sollen dann genau zwischen 9 und 17 Uhr stattfinden, „weil, ich hab nachher noch was vor“ oder „6 Uhr unrealistisch erscheint“? Fein, ihr lasst euch nicht vor jeden Karren spannen. Allerdings steckt der Karren gerade ziemlich im Dreck. Volens, nolens – Ihr seid die Zukunft, auch wenn gerade (jetzt hier blöderweise herumkrittelnde) Typen meiner Generation und anderer Generationen einen wesentlichen Anteil daran haben. Ich fürchte nine-to-fine wird für die Herausforderungen der Zukunft nicht reichen. Nicht im OP, nicht im Rettungsdienst und auch sonst nirgends. Aber auch das beweist die Gen Z in meinen Augen, ist sie doch die erste Generation seit Jahrzehnten, die wieder auf die Straße geht und für Ziele und Ideale kämpft. Chapeau!
Wo seid ihr alle?
Und was hat das alles jetzt mit der Hochschule zu tun? Na ja, wir machen uns Sorgen. Seit längerem. Denn wir sehen, dass diejenigen, die sich auch außerhalb ihres Studiums ehrenamtlich engagiert und das Hochschulleben mitgestaltet und bereichert haben, große Lücken hinterlassen haben. Im Studentischen Konvent legen Einzelne immer wieder frühzeitig ihr Amt nieder. Wir haben acht Fakultäten und nur eine Fachschaft. Das Interesse an den studentischen Vereinen hat spürbar nachgelassen. Selbst bei »Fast Forest«, wo sich immer so viele darum gerissen haben, dabei sein zu dürfen, blickt man sorgenvoll in die Zukunft. Noch vor wenigen Jahren wollten alle aktiv bei einem Tag der offenen Tür dabei sein. Getränkestände, Musik, Logistik, alles. Heute sieht es da mau aus. Sehr mau. Im Vorfeld des Stadt-Land-Fluss Open Airs haben die Vereine genau einen Verkaufsevent gemacht und dabei vier – in Worten: VIER – Tickets verkauft. Hey, was ist los mit Euch? Wo seid ihr?
In diesem Sinne, sprecht miteinander, nicht übereinander.
Jörg & Theresa
Jörg Kunz ist promovierter Biologe und PR-Experte mit vielen Jahren Erfahrung in Agentur und Industrie sowie in Expertenorganisationen wie Krankenhaus oder Hochschule. In seinen Blogbeiträgen wirft er einen persönlichen Blick auf aktuelle Ereignisse und betrachtet diese aus der Sicht der Kommunikation bzw. im speziellen aus Sicht der Wissenschaftskommunikation.
Theresa Kappl ist Diplom-Betriebswirtin mit vielen Jahren Erfahrung in Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement. An der THD ist sie im Bereich Hochschul- und Wissenschaftskommunikation tätig mit Schnittstellen zu Social Media, Web-Redaktion und Veranstaltungsorganisation. Am Schreiben für den Blog findet sie gerade Gefallen.