Das Abi ist geschafft, doch was kommt jetzt? Soll ich studieren? Wenn Ja, was überhaupt? Diese Frage stellen sich viele. Wer erst nach dem Abi anfängt, darüber nachzudenken, ist wohl etwas spät dran. Wo soll es hingehen, was fange ich an? Mich jedenfalls begleitete diese Unsicherheit schon länger. Doch ich habe eine Möglichkeit gefunden, mir selbst zu helfen - das Frühstudium an der THD.
Erfahrungen sammeln & Vorteile des Frühstudiums
Zu Beginn meines Frühstudiums im Sommersemester 2020 stellte sich zunächst natürlich die Frage, welche Vorlesung in welchem Studiengang ich eigentlich besuchen möchte. Und mehr noch: aktiv an ihr teilnehmen, in meiner Freizeit! Das Angebot war groß, was ich später mal beruflich machen mag war unklar. Ich habe schließlich das gewählt, von dem ich dachte, dass es mir am meisten Freude bereiten könnte. Meine Wahl fiel auf eine Rechtsvorlesung an der Fakultät für Angewandte Wirtschaftswissenschaften. Nach dem Semester war ich mir sicher, dass das NICHT die Richtung ist, in die mein späterer Beruf gehen soll. Zu wissen, was ich nicht will war auch eine wichtige und äußerst hilfreiche Erfahrung, auch wenn es zunächst sehr ernüchternd scheint.
Aber auch die gegenteilige Erfahrung ist möglich: Die Vorlesung „Mathematik 2“ im Studiengang Cyber Security hat meinen Wunsch nach einem Studium mit Mathematik im Hauptfach bestätigt und die Vorlesungen „Grundlagen Informatik“ und „Algorithmen & Datenstrukturen“ beispielsweise haben mich noch einmal in meinem Wahlfach Informatik bestärkt. Das Frühstudium bringt aber nicht nur Erkenntnisse, sondern kann auch schon einen Vorsprung für die im späteren Studium zu erbringenden Leistungspunkte bedeuten: Wenn man die Prüfung am Semesterende der jeweiligen Vorlesung mitschreibt, erhält man beim Bestehen sogenannte ECTS Punkte, die einem im späteren Studium bei ähnlichen Vorlesungsinhalten angerechnet werden können.
Frühstudium nur etwas für besonders Begabte?
Die Annahme, ein Frühstudium sei nur etwas für besonders begabte Schülerinnen und Schüler, ist meiner Meinung nach falsch. Um die Möglichkeit eines Frühstudiums wahrnehmen zu können, bedurfte es keiner besonderen Voraussetzungen. Aus einer langjährigen Kooperation mit der THD heraus, werden alle Schülerinnen und Schüler meiner Schule, des St.-Gotthard-Gymnasiums Niederalteich, ab der zehnten Jahrgangstufe auf das Programm der THD hingewiesen. Natürlich durfte durch das Frühstudium der reguläre Unterricht nicht beeinträchtigt werden, aber besonders durch die Vorlesungen am Nachmittag war die Teilnahme Interessierter fast immer möglich. Die Begleitung während des Frühstudiums wurde zum einen durch eine zuständige Lehrkraft an der Schule, als auch durch äußerst hilfsbereite Zuständige der THD (MINT-Team) gewährleistet. Um gut durch das Frühstudium zu kommen, ist es aber dennoch sehr wichtig, dem Frühstudium mit einer gewissen Ernsthaftigkeit gegenüberzutreten. Das bedeutet, dass man sich freiwillig mit Inhalten, die den Umfang und das Niveau des Schulstoffs übersteigen, beschäftigen muss. Das erfordert nicht nur großen Eifer, sondern auch viel Durchhaltevermögen. Aber beide Eigenschaften sind sowohl in der Schule als auch im späteren Leben von großer Bedeutung.
Schulunterricht = Vorlesung?
Besonders wertvoll für mich war der Besuch der Vorlesungen in Präsenz, nachdem ich drei Semester lang wegen der Pandemie zum größten Teil nur online dabei sein konnte. Hier war das Durchhaltevermögen, das man an den Tag legen musste, um bis zum Ende des Semesters noch mit genau demselben Engagement dabei zu sein wie zum Beginn, auch für mich zu einer großen Herausforderung geworden. So neigte ich dazu, in den Zoom Meetings abzuschweifen und mich nebenbei mit anderen Aufgaben, beispielsweise Hausaufgaben für die Schule, zu beschäftigen und so nicht 100-prozentig bei der Sache zu sein. Das hatte dann natürlich zur Folge, dass ich den versäumten Stoff nachholen musste, damit ich in der nächsten Vorlesung noch den Überblick behalten konnte. Diese Art der Ablenkung ist im Präsenzsemester weniger stark.
Die Umstellung von Frontalunterricht, den man aus der Schule gewohnt war, auf den Vorlesungsbetrieb war eine der überraschendsten Erfahrungen, die ich als Frühstudentin gemacht habe, und zunächst auch eine Herausforderung, denn der Unterschied zwischen den beiden Lehrmethoden ist deutlich spürbar. Doch glaube ich dadurch bereits wichtige Erkenntnisse für die Vorlesungen, die ich in meinem zukünftigen Studium besuchen werde, errungen zu haben. Ich lernte besonders beim Mitschreiben in der Vorlesung, Schwerpunkte zu setzen. Denn es ist nicht möglich, alles mitzuschreiben, was die Dozierende oder der Dozierende sagt. Außerdem konnte ich im Hörsaal Kontakt zu Kommilitoninnen und Kommilitonen knüpfen und mich mit ihnen über den Lehrstoff austauschen, was während der Vorlesungen auf Zoom besonders als Frühstudentin sehr schwierig war. Dass ich Frühstudentin war, fiel meist, wenn ich es nicht zuvor erwähnt hatte, niemandem auf. Betrachtet wurde ich als gewöhnliches Mitglied der Vorlesung und auch auf diese Art beispielsweise im Lösen von Übungsaufgaben und deren anschließender Bewertung behandelt. Das erleichtert das Eingliedern in das Hochschulleben zusätzlich.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass das Frühstudium eine perfekte Möglichkeit ist, sich entweder in seinem Studienwunsch zu bestärken oder sich zu orientieren, in welchen Bereichen die eigenen Stärken und Schwächen liegen. Man lernt eine neue Welt im Gegensatz zum Schulalltag kennen – die mit vielen Freiheiten verbunden ist, aber auch mit der einhergehenden Eigenständigkeit, ohne dabei völlig allein gelassen zu werden. Nicht nur lernt man viele interessante Persönlichkeiten und vielleicht auch Freunde kennen, sondern man bildet sich zeitgleich auch noch weiter über den Lehrplan der Schulen hinaus. Nach fünf Semestern und sechs Vorlesungen in drei Fakultäten und vier Studiengängen kann ich sagen: Das Frühstudium ist sehr zu empfehlen und hat mir, trotz all der zusätzlichen Arbeit, großen Spaß gemacht. Und ich weiß jetzt ganz genau was ich studieren werde.
Anna Daiser
Anna Daiser nimmt bereits seit fünf Semestern am Frühstudium teil. Sie ging am St.-Gotthard Gymnasium Niederalteich zur Schule und machte 2022 ihr Abitur. Durch das Frühstudium konnte sie sich über ihren Studienwunsch klar werden und wertvolle Erfahrungen für ihre künftige Studienzeit sammeln.