Viele kennen vermutlich das Problem. Gerade noch war man im Prüfungsstress, hat eine Abi-Klausur nach der anderen geschrieben, sich mit nicht viel anderem, außer Lernen beschäftigt und dann steht man plötzlich da. Mit dem Abi-Zeugnis in der Tasche und der großen Freiheit vor sich. Kein Unterricht mehr, keine Lehrer, die einem irgendwas vorschreiben wollen und endlich die Möglichkeit, das zu machen, was einen interessiert.
Qual der Wahl oder Wahl der Qual
Mittlerweile gibt es so viele Möglichkeiten, was man alles studieren kann. Und die Bereiche haben dann auch wieder so viele Spezifizierungen, dass zwar wahrscheinlich für jeden was dabei ist, es aber auch immer schwieriger wird, sich zu entscheiden. Ich hatte zwar verschiedene Richtungen, die mich interessierten und auch schon eine Zusage für einen Studiengang, den ich wahrscheinlich studieren wollte, war aber unsicher, ob es wirklich der Richtige für mich ist. Auf der FOS war ich im Gesundheitszweig und somit lag es für mich nahe, etwas Medizinisches zu studieren. Meine Wahl war auf den relativ neuen Studiengang „Physician Assistant“ gefallen. Bei der Bewerbung entdeckte ich aber auf der Website der Hochschule eine weitere Möglichkeit, das Orientierungsstudium, kurz OS genannt. Anfangs dachte ich, wieso soll ich ein bis zwei Semester „verschwenden“, wenn ich doch direkt ein richtiges Studium beginnen kann. Aber lasst mich hier gleich mal eines vorwegnehmen: Im Nachhinein war ich froh, mich nicht direkt ins Studium gestürzt zu haben und mir dafür noch Zeit gegeben hatte. Ich bewarb mich also fürs Orientierungsstudium, habe meinen anderen Studienplatz abgesagt und angefangen, mich zu orientieren.
Die Vorbereitungen
Ein paar Wochen vor dem regulären Studienbeginn erhielt ich schon die ersten Infos vom MINT-Team der THD, welches das Orientierungsstudium betreut. Es ging um die IT, die Modulwahl und auch einen Termin für ein erstes Treffen – eine Woche vor Semesteranfang. Dann startete die eigentliche Arbeit. Ich durfte meine gewünschten Module wählen. Zur Verfügung standen alle Erstsemester-Module aus den nicht-zulassungsbeschränkten Bachelor-Studiengängen, also eine ganze Menge. Aus den Modulhandbüchern und den Vorlesungsplänen galt es, einen eigenen Stundenplan zu erstellen. Einzige Vorgabe war, Vorlesungen mit mindestens zehn, aber maximal 30 ECTS zu wählen. ECTS, das ist die Abkürzung für European Credit Transfer and Accumulation System, also ein System, mit dem zu erbringende und erbrachte Leistungen von Studierenden erfasst werden. Klingt nach einer schönen Aufgabe, aber ich muss sagen, dass es echt lange gedauert hat, bis ich meinen Plan fertig hatte, bei dem es keine zeitlichen Überschneidungen der Fächer gab, die mich interessierten. Im nächsten Semester möchte ich hierfür das THD-Online-Werkzeug myTHD ausprobieren. Was die Sache deutlich vereinfachen sollte.
Meine Fächerwahl
Ausgesucht hatte ich mir, trotz meinem vorwiegenden Interesse an medizinischen Modulen, dennoch unter anderem welche aus dem technischen Bereich. Ich belegte aus dem Studiengang Umweltingenieurwesen „Grundlagen der Technischen Mechanik“ und „Grundlagen der Hydromechanik“. Aus der Gesundheitsinformatik nahm ich das Modul „Grundlagen der Medizin“ (bestehend aus den Vorlesungen „Terminologie und Klassifikation“ und „Medizin für Nichtmediziner“) und aus dem Physician Assistant die Module „Physiologie“ und „Histologie und Embryologie“. Die „Mathematischen Grundlagen“ aus dem Studiengang Technisches Design komplettierten mein Programm. Bei Mathe fragen sich bestimmt manche, wieso hat sie das jetzt im Orientierungsstudium belegt, obwohl das doch aus der Schule bekannt ist. Aber zum einen wurde uns am Anfang geraten, nicht nur das zu wählen, was uns sowieso interessiert und zum anderen dachte ich mir, kann es nicht schaden, Mathe auch mal an einer Hochschule zu lernen.
Das Studium
Der Ersti-Tag war für mich, wie wahrscheinlich für viele, ziemlich aufregend und chaotisch. Dadurch, dass wir im OS zu keinem festen Studiengang und somit auch zu keiner Fakultät gehörten, fehlten uns zum Teil Infos aus eben diesen Fakultäten. Zum Beispiel, wann welche Einführungsveranstaltung stattfinden würde und wo wir somit hingehen sollten. Dennoch denke ich, habe ich die wichtigsten Anweisungen bezüglich IT, Lernplattformen usw. mitbekommen.
Während des Semesters konnte ich unglaublich viele Erfahrungen sammeln. Es gab spannende und natürlich auch weniger spannende Vorlesungen. Ich habe für mich neue Interessen entdeckt. Beispielsweise technische Mechanik, obwohl ich vorher immer davon ausgegangen war, das Technische sei nichts für mich. Und ich habe den Campus und das Studentenleben – zumindest unter Corona Bedingungen – kennengelernt. Es gab durchaus manchmal auch Probleme bei der Informationsweiterleitung, wodurch ich dann gelegentlich eine Vorlesung verpasst habe. Oder es wurde eine Vorlesung auf einen Termin verschoben, an dem ich schon eine andere Vorlesung hatte. Aber alles in allem finde ich, hat die Organisation des Studiums – dafür dass wir der erste Jahrgang waren – gut geklappt.
Wie bereits erwähnt, waren wir aus dem OS kein Teil eines festen Studiengangs, sondern eine eigene Gruppe Studierender. So fand ich es auch eher schwierig, Kontakte zu Kommilitoninnen und Kommilitonen aufzubauen, da wir ja nur vereinzelt gemeinsam Vorlesungen hatten. Corona und die Hybrid sowie später auch die Online-Vorlesungen haben das Ganze natürlich zusätzlich erschwert.
Wie geht´s weiter?
Wie gesagt, ich hatte anfangs große Zweifel an meiner Wahl für das OS. Letztendlich bin ich aber froh, dass ich mich dafür entschieden habe. Ich merkte während der Vorlesungen für den Physician Assistant, dass mich der Themenbereich zwar interessiert, ich mir aber nicht vorstellen kann, später auch als Arztassistenz zu arbeiten. Also habe ich nicht ein bis zwei Semester verschwendet, sondern vielmehr sieben gewonnen, die ich sonst damit verbracht hätte, einen Beruf zu erlernen, den ich später eigentlich gar nicht ausüben möchte. Außerdem habe ich durch meine belegten Module neue Interessen und neue Perspektiven gewonnen. Was ich konkret studieren möchte, habe ich tatsächlich noch nicht entschieden. Dadurch, dass fast alle Studiengänge im WS beginnen, schaue ich mir also noch ein weiteres Semester lang Module und Studiengänge an, um danach eine gute und für mich richtige Entscheidung zu treffen.
Lena Holst
Lena Holst hat im WS 2021/22 ihr Orientierungsstudium an der TH Deggendorf begonnen. Nach ihrem Fachabi war sie unsicher, welchen Studiengang sie konkret wählen sollte. Um eine sicherere Entscheidung treffen zu können, entschied sie sich dazu, ein bis zwei Semester lang Module verschiedener Studiengänge an der THD anzuschauen.