Wie schaut eigentlich ein Professor aus? Und warum sollte das ein Mann sein und keine Frau? Ja, ja – immer diese Stereotypen. Oder schon wieder was mit Gender? Nein, Science Bench bzw. Wissenschaftsbank. Nie gehört? Schade, weil das ist wirklich eine coole Sache. Und so gar nicht Hochschule. Bisher, aber da muss ich erst kurz ausholen…
In Afrika ist es in manchen Dörfern üblich, dass sich weise Frauen oder Männer auf eine Bank setzen und Ratsuchenden Auskunft aus ihrem reichen Erfahrungsschatz geben. Einfach, aber wirkungsvoll. Warum also, hat sich Prof. Katja Becker, seit 2020 Präsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), gedacht, warum kann das nicht auch die Wissenschaft? Warum setzt sich nicht mal einer oder eine in die Fußgängerzone und spricht mit den Menschen über Künstliche Intelligenz, über Immuntherapie, über Wirtschaftsmodelle? Weil’s niemanden interessiert? Nein, ganz einfach, weil die akademische Welt in der Regel auf so simple Ideen gar nicht kommt. Prominente Ausnahme: Prof. Katja Becker, die anscheinend mit offenen Augen durch die reale (nicht nur die akademische) Welt geht.
Aber wir sind ja lernfähig. Und zwar so was von. Im Juli haben wir also in Pfarrkirchen und Deggendorf zwei Science Bench Aktionen durchgeführt. Einmal mit Prof. Thomas Spittler zum Thema Digitale Gesundheit und einmal mit Prof. Patrick Glauner zur Künstlichen Intelligenz. Tatort Marktplatz. Von wegen Elfenbeinturm. Und es macht Spaß, denn die Leute sind interessiert. Stellen ihre Fragen und erzählen manchmal auch ihre Geschichten. Mehr Augenhöhe geht nicht. Professoren sind ganz normale Typen – eines der Kommunikationsziele, die wir erreichen wollen. Check!
Natürlich gibt es im breiten Digitalisierungskontext viele Dinge, die die Bürgerinnen und Bürger bewegen. Nicht selten äußern sie Ängste und Sorgen. Die lassen sich besser adressieren, wenn man miteinander spricht. Wenn man Entwicklungen kommentiert, Forschung erklärt und auch Verständnis für dies und das zeigt, was man möglicherweise gar nicht wirklich auf dem Wissenschaftlerradar hatte. Das erdet und schärft den eigenen Horizont. Manchmal aber auch nicht so. Denn die Verschwörungstheoretiker sind heutzutage immer mit am Start. Quer durch alle Bildungsschichten übrigens. Diejenigen, die keiner Instanz mehr glauben. Nur noch dem Bauchgefühl. Dem eigenen und dem anderer, die sie zwar nicht kennen, die aber genauso ticken wie sie selbst. Na, OK. Auch eine Erfahrung, die man nicht zu gering einschätzen sollte. So’n bisschen pathemata mathemata – Lernen durch Schmerz. Übrigens auch für die THD-Animateure. Manche Leute lassen sich gerne ansprechen und informieren worum es geht, andere machen mehr oder weniger un/auffälig einen großen Bogen und wieder andere meinen genervt, schon mit der eigenen Intelligenz nicht klarzukommen. Wie dann erst mit der künstlichen.
Alles in allem, das Format ist so gut, dass es wieder kommt. Im Herbst. Erste Interessenten wissenschaftlicherseits haben sich bereits angemeldet. Womit wir wieder bei den Professoren und den eingangs gestellten Fragen wären. Und die Antwort, die geht so: Prof. Spittler hatte es sich beim Event in Pfarrkirchen nicht gleich auf der Bank bequem gemacht. Er beteiligte sich, Passanten anzusprechen und auf die Science Bench einzuladen. Das war wohl so weit von den handelsüblichen Vorstellungen eines »Professors« entfernt, dass ihn jemand fragte: „Und, wo ist der Professor?“ Treffender kann man den Sinn der Wissenschaftsbank nicht beschreiben.
In diesem Sinne, sprecht miteinander, nicht übereinander.
Euer Jörg
Jörg Kunz ist promovierter Biologe und PR-Experte mit vielen Jahren Erfahrung in Agentur und Industrie sowie in Expertenorganisationen wie Krankenhaus oder Hochschule. In seinen Blogbeiträgen wirft er einen persönlichen Blick auf aktuelle Ereignisse und betrachtet diese aus der Sicht der Kommunikation bzw. im speziellen aus Sicht der Wissenschaftskommunikation.