Knapp drei Monate ist es her. Corona ist auch in Deutschland bereits in vollem Gange und die Wissenschaft beherrscht die Kommunikationslandschaft. Das Gesicht dazu: Prof. Dr. Christian Drosten von der Charité in Berlin. Wir vernehmen seine Informationen und die seiner Kolleginnen und Kollegen. Wir sind froh, uns in kompetenten Händen zu wissen. Und auch, dass wir in einem Land leben (dürfen), in dem die Politik (zumindest in dieser akuten Angelegenheit) auf die Wissenschaft hört. Das ist ja nicht überall so. Aber der Diskurs droht zu entgleisen. Ein Beispiel.
Checker und Faktenchecker
Respekt, Bewunderung, Ablehnung, Skepsis, Morddrohungen, Nazivergleich. Das sind so grob gesagt und chronologisch sortiert nach außen getragene Gefühlswelten und Befindlichkeiten in Bezug auf den Virologen Drosten. Er selbst hat eigentlich in der ganzen Zeit kontinuierlich das Gleiche gemacht, Fakten und Empfehlungen aus explizit epidemiologischer Sicht geliefert. Wissenschaftskommunikation eben. Dass wissenschaftliche Ergebnisse immer Zwischenschritte sind, ist für den simplen Boulevard zu komplex. Und für Social Media eh. Und so kommt‘s, wie es kommen muss. Krass und immer bis zum Anschlag. Natürlich liegen bei der Kohortengröße Welten zwischen denen, die respektieren und jenen, die diffamieren. Aber diese numerische Abwägung relativiert, denn hier passiert – wie auch bereits bei den physischen Morddrohungen – ein ungeheuerlicher Tabubruch. Ein Rufmord, diesmal. Nicht weniger ist der Vergleich mit dem bestialischen NS-Arzt Josef Mengele. Dies zeugt von maßloser Dummheit, von einem unglaublichen Mangel an Bildung und Empathie, von völlig undifferenziertem Hass. Es ist einfach nur UNTER NULL. Mehr bleibt dazu nicht zu sagen. Aber das wollte ich unbedingt sagen!
In diesem Sinne, sprecht miteinander, nicht übereinander.
Euer Jörg
Jörg Kunz ist promovierter Biologe und PR-Experte mit vielen Jahren Erfahrung in Agentur und Industrie sowie in Expertenorganisationen wie Krankenhaus oder Hochschule. In seinen Blogbeiträgen wirft er einen persönlichen Blick auf aktuelle Ereignisse und betrachtet diese aus der Sicht der Kommunikation bzw. im speziellen aus Sicht der Wissenschaftskommunikation.