Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die wichtigste Zielgruppe jeder Organisation, jedes Unternehmens. Trotzdem kommen sie oft in Sachen Kommunikation zu kurz. Man geht schlicht weg davon aus, dass „ja eh alle Bescheid wissen“ und verstehen, worum es geht. Selbstverständlich ist dies mitnichten der Fall. Es reicht, einen Blick über den Tellerrand zu werfen und die eigene Filterblase zu verlassen, um dies festzustellen. Neben Faktenwissen existiert jede Menge Halbwissen und noch mehr Unwissen. Je magerer die offizielle – und damit eindeutige – Kommunikation, umso mehr brechen sich Gerüchte Bahn. Selten zum Guten der Organisation.
Ohne Verstehen keine Identifikation
Besonders wichtig für die Motivation innerhalb einer Organisation, ist die vollkommene Transparenz der strategischen Ausrichtung und des perspektivischen Horizonts. Wohin gehen wir und warum? Wenn dieses Wissen und Verstehen fehlt, kann keine Identifikation mit der Organisation und ihrer Ausrichtung stattfinden. Jedoch nur Identifikation und das Gefühl ein Teil des Ganzen zu sein, bewegt Menschen dazu, auch die berühmte Extrameile zu gehen. (Neben der Bindung an die Führungskraft. Menschen verlassen bekanntlich Führungskräfte – und nicht Unternehmen. Aber das ist wieder eine andere Geschichte). Die Basis für die Extrameile ist eine klare, verständliche und dialogorientierte interne Kommunikation. Alles andere evoziert Dienst nach Vorschrift. Oder die innere Kündigung.
Kanal total
Die interne Kommunikation hat richtig viele Kanäle, was den oberflächlichen Eindruck der Informationssaturiertheit verstärkt. Allerdings führt genau diese Vielfalt dazu, dass keiner der vorhandenen Kommunikationskanäle konsequent genutzt wird bzw. dass man ggf. einfach aneinander vorbeikommuniziert. Die einen nutzen das Intranet, in welches die anderen nie gehen. Alle sind im News-Verteiler, aber keiner liest die Mitteilungen, die dort auflaufen, weil nur selten etwas dabei ist, das den eigenen Nerv trifft. Newsletter (deren Inhalte für die einen längst keine News mehr sind und bei den anderen Null Chance haben, in deren Bewusstsein vorzudringen) werden ins intellektuelle Nirwana gefeuert. Es werden Protokoll-Dateien versendet, die niemals geöffnet werden und einen keineswegs einsamen, aber doch stillen Tod im digitalen Ordner „Danke für nichts“ sterben – falls sie nicht direkt im virtuellen Papierkorb landen. Delete! Schon mal in die Augen der Anwesenden geblickt, wenn es am Anfang eines Meetings heißt: „Irgendwelche Einwände gegen das Protokoll der letzten Sitzung?“ Da ist Leere, wahlweise mit einem Hauch Verlegenheit oder der Chuzpe derer, die über den Dingen stehen. Wenn man etwas aus diesen Protokollen wirklich brauchen sollte, wird man es schon erfahren. Irgendwie.
Und ab das Ding
Die allgemeine interne Kommunikation (also abgesehen von den direkten Kommunikationsformen wie persönlichen Gesprächen, Telefonaten und Mails) in Organisationen ist quasi immer outbound. Sie geht raus auf Nimmerwiedersehen. Ein Dialog findet nicht statt. Was natürlich auch nicht selten an den Inhalten und noch mehr an der Form liegt. Ganz ehrlich: Wer hat denn wirklich Lust, ein Protokoll, eine Prozessbeschreibung, einen Leitfaden zu lesen? Und wer nimmt sich die Zeit dafür, wenn es nicht unbedingt sein muss? Kein Mensch. Gute Kommunikation lebt davon, lebendig zu sein. Quasi das Gegenteil von Protokoll, Prozessbeschreibung und Leitfaden.
90│9│1
Wenn man Inbound-Kommunikation machen möchte, also echte Kommunikation nach dem Sender-Empfänger-Modell, Kommunikation, die zum Dialog anregt, dann ist das anstrengend. Das kostet WoMan-Power, Zeit und Energie. Der Gewinn: Die Vielfalt, das Wissen und das Können der gesamten Organisation wird (im Idealfall) der gesamten – na, OK, zumindest einem größeren Teil der – Organisation zugänglich gemacht. Inbound-Kommunikation bietet eine Plattform für die Motivierten und Raum für ein wenig Fame. Nicht die schlechteste Antriebskraft. Natürlich bietet sie auch Raum für die Poser und die Angeber, aber das muss man aushalten. Es gilt die bekannte 90│9│1 Regel: 90 Prozent sind reine Konsumenten, 9 Prozent sind Teilzeitteilnehmer und 1 Prozent treibt das Ganze nach vorne. Aber alle haben die Möglichkeit, dabei zu sein. So oder so.
Newsletter? OMG!
Ist Wissen und Verstehen einer Organisation eine Hol- oder eine Bringschuld? Beides! Ein bekanntes Paradoxon der internen Kommunikation ist, dass stets viel Information eingefordert wird, diese aber gleichzeitig oft kaum wahr- bzw. aufgenommen wird. Dies liegt nicht nur am bereits beschriebenen wilden Durcheinander der Kanäle. Auch die schiere Flut von Information ist in der Regel überwältigend. Niemand will wirklich alles wissen. Niemand kann alles verarbeiten. Niemand hat Zeit für alles. Ergebnis: Lieber nichts, als alles. Grundsätzlich gilt sowohl für den Sender als auch für den Empfänger: Je attraktiver (Inhalt, Form, Kanal) desto besser. Perfekt ist, wenn die mir zugehenden Informationen interessant sind, wenn deren Konsum Spaß macht und vor allem, wenn sie exakt zu mir passen. MyCompany also und im engsten Sinne. Beispielsweise könnten kurze Push Nachrichten durch Tagging sortiert und nachgeordnet punktgenau auf die das jeweilige Tag abonnierende Zielgruppe versendet werden. Viel besser als jeder Newsletter, den – seien wir ehrlich – niemand liest, der aber enorme Ressourcen bindet. Würde man diese Ressourcen in einer Stelle fokussieren, die sich professionell mit dem Thema Interne Kommunikation beschäftigt, wäre viel gewonnen. Zeit, Wichtigeres zu tun für diejenigen, die sich mit den Newslettern abquälen und gezielte Information für alle Interessierten. Um die positiven Effekte nur anzudeuten. Dass dadurch natürlich auch wieder neue Filterblasen entstehen können, ist sicherlich eine unerwünschte Nebenwirkung. Aber einen Tod muss man manchmal sterben.
Demokratisieren statt Limitieren
Kontraproduktiv ist es übrigens, wenn bei der Internen Kommunikation elitäre Kreise gebildet werden. Sicherlich gibt es Informationen, die nur bestimmten Personenkreisen zugänglich sein dürfen. Das ist klar. Aber die Hoheit des Verteilens von Wissen und Informationen auf einen engen Personenkreis zu limitieren, ist zwar ein probates Mittel der Distinktion, sie beraubt die Organisation aber eines kraftvollen Mittels der Integration. Hier gilt es, dem Verantwortungsbewusstsein der handelnden Personen zu vertrauen. Verbote sprechen die Sprache des Misstrauens – den organisatorischen Mehraufwand solcher Maßnahmen mal unbeachtet.
In diesem Sinne, sprecht miteinander, nicht übereinander.
Euer Jörg
Jörg Kunz ist promovierter Biologe und PR-Experte mit vielen Jahren Erfahrung in Agentur und Industrie sowie in Expertenorganisationen wie Krankenhaus oder Hochschule. In seinen Blogbeiträgen wirft er einen persönlichen Blick auf aktuelle Ereignisse und betrachtet diese aus der Sicht der Kommunikation bzw. im speziellen aus Sicht der Wissenschaftskommunikation.