Von Deutschland bis zum Schwarzen Meer: Transnationale Energiewende im Projekt DanuP-2-Gas
Die Energiewende muss kommen, soweit sind sich alle von Ursula von der Leyen bis Greta Thunberg einig. Während „Fridays for Future“ die Beachtung von wissenschaftlichen Erkenntnissen fordert, stellt die EU viel Geld zur Umsetzung von Projekten bereit. Das Projekt „DanuP-2-Gas“ arbeitet an wissenschaftlichen Grundlagen, um die Energiewende im Donauraum voranzutreiben, und erhält dafür etwa 2,5 Millionen Euro aus EU-Fördergeldern.
DanuP-2-Gas ist ein Kooperationsprojekt von 14 Partnern aus zehn Ländern des Donauraums, von hier bis zum Schwarzen Meer. Die Leitung hat das Technologiezentrum Energie (TZE) der Hochschule Landshut unter Professor Raimund Brotsack inne, der sowohl das TZE als auch die Hochschule Deggendorf repräsentiert. Die Technische Hochschule Deggendorf kümmert sich als Projektpartner um die technische Umsetzung des Projekts. Aber worum geht es eigentlich?
Viele Länder des Donauraums sind stark auf Gasimporte angewiesen, vor allem aus Russland. Diese Abhängigkeit ist nicht nur politisch problematisch, die Verwendung von fossilem Erdgas setzt auch fossiles und damit klimaschädliches CO2 frei. Gleichzeitig verfügen diese Länder über große ungenutzte Biomassevorkommen, also beispielsweise Stroh, Klärschlamm oder Holzreste. Und hier tritt das Konzept der mikrobiologischen Methanisierung in den Fokus.
Das funktioniert so: Biomasse wird karbonisiert und so in Biokohle umgewandelt. Biokohle ist in etwa so wie Braunkohle, kommt aber eben nicht aus dem Boden. Der Energiewert ist im Vergleich zum Gewicht höher als bei der reinen Biomasse, sodass sich relativ viel Energie in Form der Biokohle transportieren lässt. Lastwägen, Züge oder Schiffe bringen die Biokohle zu dezentralisierten Knotenpunkten, den sogenannten „Hubs“, wo die Kohle vergast wird, sodass Wasserstoff, Kohlenmonoxid und Kohlendioxid entstehen. Das sind die Zutaten, die es braucht, um das entstandene Gas durch den Vorgang der mikrobiologischen Methanisierung in erneuerbares Erdgas umzuwandeln. Allerdings reicht die Menge an Wasserstoff, die bei der Vergasung entsteht, nicht aus, um den Prozess zu vollziehen. Hier kommt die sogenannte Power-to-Gas-Technologie ins Spiel. Wind- oder Solarkraftanlagen erzeugen erneuerbaren Strom, der aber nicht immer genutzt werden kann, weil er sich so schlecht speichern lässt. In einem Elektrolyseur wandeln diese Stromüberschüsse Wasser in Wasserstoff um. Dieses kann entweder sofort als Wasserstoff in das Gasnetz eingespeist oder dem Gas zugeführt werden. Also zurück zur Methanisierung: Mikroorganismen wandeln Wasserstoff (H2) und Kohlenmonoxid (CO) oder Wasserstoff und Kohlendioxid (CO2) zu Methan (CH4), dem Hauptbestandteil von Erdgas. Dieses erneuerbare Erdgas kann dann sofort als Kraftstoff genutzt oder aber in das bereits vorhandene Gasnetz eingespeist werden.
Natürlich gibt es auch Nachteile. Anders als bei der sofortigen Verwendung von Wasserstoff anstelle von Erdgas ist der Effizienzverlust bei der mikrobiologischen Methanisierung etwas höher. Aber die Verteilungsnetze sind lange noch nicht für reinen Wasserstoff geeignet und bis diese Infrastruktur weit genug ausgebaut wird, wird es wohl noch einige Jahrzehnte dauern. Zudem bedarf es bei der Speicherung und Verteilung von Wasserstoff einer Reihe von weiteren Aufwendungen, welche auch energieintensiv sind, so dass am Ende der gesamten Prozesskette die Effizienz der beiden Verfahren wieder vergleichbar groß ist. Daher setzt DanuP-2-Gas auf die Übergangslösung der Methanisierung, um das vorhandene Gasnetz und die ungenutzte Biomasse zu verwenden und mit dem CO2-neutralen Erdgas einen ersten wichtigen Schritt in eine klimafreundliche Richtung zu gehen.
Soweit also die Theorie. Wie das alles tatsächlich praktisch umzusetzen ist, damit beschäftigt sich das Projekt DanuP-2-Gas. Die Projektpartner bewerten die Biomassevorkommen und die infrastrukturellen Voraussetzungen in den jeweiligen Ländern. Hier zeigt sich auch die Rolle der Donau, die als Verbindungsfluss von Deutschland bis zum Schwarzen Meer neben Straße und Schiene einen wichtigen Transportweg für Biokohle darstellt. Des Weiteren betrachtet eine Arbeitsgruppe die rechtlichen Rahmenbedingungen für Power-2-Gas-Anlagen und die Einspeisung von erneuerbarem Erdgas in das Erdgasnetz. Aus allen Informationen soll eine transnationale Strategie für den Energiesektor entstehen. Die Aufgabe der THD ist es, diese Informationen auf einer interaktiven Geoinformationsplattform aufzubereiten und somit potentiellen Investoren und Vertretern aus der Politik zur Verfügung zu stellen. Ziel ist es, eine Plattform mit einem Transnational Renewable Energy Atlas zu entwerfen. Außerdem entwickeln sie ein sogenanntes Tool zur Optimierung der Sector Coupling Hubs, das dabei hilft, ideale, dezentrale Standorte für die Umwandlung von Biokohle in Gas und später erneuerbares Erdgas zu finden.
Damit das Projekt aber auch nachhaltig wirkt, beschäftigt sich eine weitere Arbeitsgruppe damit, die Plattform intensiv nutzbar zu machen. Das heißt konkret, dass sie Trainings erarbeitet, wie die Tools der Plattform optimal verwendet werden können, und Workshops halten, in denen Stakeholder aus Wirtschaft und Wissenschaft dazu angeleitet werden, Anschlussprojekte zur tatsächlichen technischen Umsetzung zu entwickeln. Außerdem unterstützt ein Katalog mit Förderungs- und Subventionsprogrammen in den jeweiligen Ländern oder EU-weit Investoren oder wissenschaftliche Institutionen dabei, Finanzierungsmöglichkeiten für künftige Projekte zu finden.
DanuP-2-Gas stärkt kurzfristig den transnationalen Zusammenhalt zwischen den Ländern des Donauraums und verbessert langfristig deren Energiesituation. Sie werden unabhängiger von Gasimporten, energieeffizienter durch die Verwendung von Überschüssen aus erneuerbaren Energien, klimafreundlicher durch den Einsatz von erneuerbarem Erdgas und durch Anschlussprojekte werden Arbeitsplätze im Energiesektor entstehen. DanuP-2-Gas treibt somit die Energiewende voran, und das wird sicherlich sowohl die EU-Kommissionspräsidentin als auch Klimaaktivisten erfreuen.
Astrid
Astrid Heindel ist Osteuropaexpertin und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Technologiezentrum Energie der Hochschule Landshut am Projekt DanuP-2-Gas.