Experten sagen voraus, dass im gerade entstehenden globalen Markt mit Gendaten bis 2030 rund 40 Milliarden Dollar Umsatz stecken. Kaum zu fassen: Ein paar hundert Euro legt man heute für eine komplette Abschrift des eigenen Erbguts auf den Tisch. Vor 20 Jahren, als sich die Forschung zum ersten Mal an so eine Aufgabe wagte, kostete solch eine Sequenzierung noch 500 Millionen Dollar. Diese Zahlen verdeutlichen den enormen Sprung, den Wissenschaft und Technologie gemacht haben. Die Gensequenz alleine bringt freilich noch keinen echten Mehrwert. Erst die Analyse der Daten, Aufgabe der Bioinformatik, ist der Schlüssel für weitreichende medizinische Möglichkeiten. Aber auch für so einigen kuriosen Schabernack.
Gentherapie bereits Realität
Das menschliche Erbgut umfasst drei Milliarden Buchstaben in annähernd jeder der 100 Billionen Zellen. Durch die molekulare biomedizinische Forschung und Diagnostik ist es heute möglich, diese Buchstabenabfolge ohne Probleme auszulesen. Das faszinierendste, aber auch das herausforderndste ist dabei für mich als Wissenschaftlerin allerdings die Möglichkeit, das Genom, die Erbanlage, analysieren zu können. Sprich Fehler zu entdecken, Ursachen für bestimmte Erkrankungen zu identifizieren und diese am Ende zielgerichtet therapieren zu können. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Aber zum Beispiel in der Krebstherapie gibt es schon umfangreiche Studien, die den direkten Zusammenhang zwischen Genen und Krankheitsbildern, Genmanipulation (im positiven Sinne) und Therapieerfolg belegen können.
Grundlage Bioinformatik
All dies zeigt, die computergestützte Biologie hat sich in den letzten Jahrzehnten rasant entwickelt. Und sie tut das auch weiterhin. Die Bioinformatik beschäftigt sich dabei nicht nur mit Sequencing-Daten, sondern auch mit Molekülstrukturen, enzymatischen Aktivitäten sowie medizinischen und pharmakologischen Statistiken. Um nur einige Themen zu nennen. Dennoch ist vor allem die Analyse biologischer Sequenzen ein sehr wichtiger Teil der Bioinformatik geworden. Sowohl in der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung als auch in der Medizin. Sie ist die Basis für molekulare Diagnostik, Präzisionsmedizin und personalisierte Medizin. Aber nicht nur die professionelle Beantwortung naturwissenschaftlicher Forschungsfragen zu Sequenzierdaten ist in diesem Berufsfeld wichtig.
Passt das Müsli zu den Genen?
Welche Daten könnten persönlicher sein als die des eigenen Genoms? Und welche wertvoller für verschiedenste Interessensgruppen. Das Rennen um diese Daten hat längst begonnen. Schon gibt es Direktanbieter von DNA-Analysen, die sich außerhalb der Medizin bewegen. Sie kommen in der Regel aus dem Fitness-, Wellness- oder Ernährungsbereich. Qualität der Analysen und Datenschutz werden bei denen eher klein geschrieben. Und auch Sinnhaftigkeit der (angeblich) auf DNA-Analyse basierenden Empfehlungen dürfen (zumindest) bezweifelt werden. Oder glaubt Ihr, dass es wirklich ein Müsli gibt, das genau zu meinem Stoffwechseltyp passt? Oder eine Spotify-Playlist und ein Airbnb-Angebot, das exakt auf mein genetisches Profil zugeschnitten ist? Ihr lacht? Gibt’s! Solche Angebote…
MA Life Science Informatics
Was ich in diesem Blogbeitrag auf keinen Fall vergessen möchte zu sagen: Als Bioinformatikerin arbeite ich in einem hochspannenden naturwissenschaftlichen Kontext. Aber nicht nur, wie man sieht. Wer Feuer gefangen und sich mit diesem tollen und absolut zukunftsweisenden Thema „infiziert“ hat, sollte mal einen Blick auf den Masterstudiengang Life Science Informatics an der THD werfen. Der richtet sich an ambitionierte Bachelorabsolventinnen und -absolventen aus den Bereichen der Biomedizin oder der Informatik. An solche, die dem menschlichen Genom auf den Grund gehen und vielleicht sogar mal einen bedeutenden Beitrag zur Bekämpfung von schweren Erkrankungen leisten wollen. Mehr dazu gibt es hier: https://www.th-deg.de/lsi-m und in meinem Buch »Next Generation Sequencing and Data Analysis«
Melanie Kappelmann-Fenzl
Melanie Kappelmann-Fenzl ist promovierte Molekularbiologin und spezialisiert auf den Fachbereich der bioinformatischen Next Generation Sequencing Datenanalyse. In Ihren Blogbeiträgen wirft sie einen persönlichen und kritischen Blick auf die Entwicklung und Möglichkeiten der immer mehr an Bedeutung gewinnenden Technologie in den Bereichen der biomedizinischen Forschung und der molekularen Diagnostik.